Überraschende Erkenntnisse über eine der meistgefürchteten Emotionen:
1. Wut steigert Leistung:
In einer Studie der Texas A&M University (2023) schnitten Proband:innen in schwierigen Aufgaben 39 % besser ab, wenn sie zuvor wütend gemacht wurden. Wut als Leistungs-Booster?
2. Mythos „Dampf ablassen“:
Die alte Idee, Wut müsse raus („Boxsack hilft“) ist widerlegt. Studien zeigen: Aggression durch Ausagieren nimmt nicht ab – sie steigt.
3. Gesundheit unter Druck:
Wut kann kurzfristig unsere Gefäßfunktion massiv verschlechtern – bis zu 40 Minuten lang nach einem Ausbruch. Langfristig steigt das Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall.
🔁 Fazit: Wut ist kein reines Übel. Sie ist kraftvoll – wenn wir sie bewusst regulieren statt unterdrücken oder ausleben.
Wut – Zerstörerisch oder Kraftquelle?
Neue Studien zeigen ein differenzierteres Bild
Wut ist eine der stärksten Emotionen, die wir erleben. Sie kommt oft plötzlich, ist meist intensiv; und wird im modernen gesellschaftlichen Diskurs eher negativ bewertet. Doch aktuelle psychologische Studien zeichnen ein nuancierteres Bild. Denn Wut kann nicht nur zerstören – sie kann auch fokussieren, antreiben und unsere Handlungsbereitschaft stärken.
Studie 1: Wenn Wut Leistung steigert
Eine 2023 veröffentlichte Studie der Texas A&M University untersuchte den Einfluss von Wut auf unsere Fähigkeit, komplexe Aufgaben zu lösen. Die Versuchspersonen wurden in unterschiedliche emotionale Zustände versetzt – u. a. durch gezielte Beleidigungen, um Wut zu erzeugen. Anschließend mussten sie schwierige Aufgaben wie Anagramme oder Rechenprobleme lösen.
Das Ergebnis war überraschend: Die wütenden Teilnehmer:innen schnitten um 39 % besser ab als die neutrale Kontrollgruppe.
👉 Die Interpretation der Forschenden: Wut steigert kurzfristig Motivation, Ausdauer und Zielorientierung – besonders in Situationen, in denen ein Hindernis überwunden werden muss.
Der Mythos der „Katharsis“ – Warum Dampf ablassen nicht hilft
Ein weit verbreiteter Glaube ist: Wenn wir unsere Wut ausleben, etwa durch Schreien, Boxen oder Sport, entladen wir die Emotion – und fühlen uns danach besser. Dieser sogenannte Katharsis-Effekt wurde in populären psychologischen Theorien lange vertreten.
Doch Studien, u. a. von Brad Bushman, zeigen das Gegenteil: Wer seine Wut ausagiert (z. B. auf einen Boxsack schlägt), fühlt sich oft noch aggressiver. Der emotionale Zustand wird nicht gelöst, sondern verstärkt.
👉 Fazit: Ausleben von Wut kann uns in einer Schleife der Aggression festhalten – statt zur Entlastung führen.
Achtung, Herz: Wut schadet unserer Gefäßgesundheit
Nicht nur psychisch, auch körperlich wirkt sich Wut aus – und das zum Teil gravierend. Eine aktuelle Studie aus dem Journal of the American Heart Association (2024) zeigt, dass Wut-Episoden die Funktion der Blutgefäße deutlich verschlechtern. Bis zu 40 Minuten nach einer Wutreaktion war bei den Proband:innen die sogenannte Endothelfunktion messbar beeinträchtigt.
Langfristig erhöht sich dadurch das Risiko für:
- Herzinfarkte
- Schlaganfälle
- Bluthochdruck und chronische Entzündungen
Während Wut kurzfristig ein Energieschub sein kann, ist chronische Wut ein Risikofaktor für unsere körperliche Gesundheit.

Fazit: Wut akzeptieren, aber bewusst regulieren
Wut ist nicht nur negativ. Sie ist ein evolutionäres Warnsignal, das uns sagt: „Hier läuft etwas falsch.“ Sie kann mobilisieren, fokussieren und zur Veränderung antreiben.
Doch wichtig ist, wie wir mit chronischer Wut umgehen:
- Nicht unterdrücken, aber auch nicht unreflektiert ausleben
- Mit Atemübungen oder achtsamem Innehalten regulieren
Gerade im beruflichen Kontext kann das Verständnis und der gesunde Umgang mit Wut zu mehr Selbstwirksamkeit, Konfliktlösungskompetenz und Führungsstärke führen.
👉 Wie erlebst du Wut in deinem Alltag? Wann hat sie dir geholfen – und wann geschadet?
🧩 Wut verstehen durch die Arbeit mit inneren Anteilen
In der Inneren-Anteile-Arbeit (z. B. nach dem IFS-Modell von Richard Schwartz) sehen wir Emotionen wie Wut nicht als „Problem“, sondern als Teil von uns.
Wut gehört oft zu einem „beschützenden Anteil“. Dieser Teil will uns verteidigen: z. B. vor Ungerechtigkeit, Überforderung oder Angstgefühlen.
Wut sagt: „So nicht!“, „das machst du nicht mit mir“.
Sie schützt etwas in uns, das verletzt oder verunsichert ist.
Hinter der Wut steckt meist ein verletzlicher Anteil, zum Beispiel Angst, Scham oder Enttäuschung.
Wenn wir die Wut nur ausleben, verlieren wir den Kontakt zu dem, was sie uns eigentlich sagen will.
👉 In der Arbeit mit inneren Anteilen geht es darum, der Wut zuzuhören – ohne sich von ihr überrollen zu lassen.
Wir lernen, Wut zu regulieren und achtsam zu erforschen, was sie schützt und was sie braucht.
🧩 Wut externalisieren – eine Übung zur inneren Entlastung
Wut ist eine extrem kraftvolle Energie. Manche Menschen spüren sie wie ein Feuer im Bauch, eine schnelle Bewegung oder ein Zittern in den Fäusten. In diesen Momenten hilft es nicht, nur darüber zu reflektieren. Besser: hole die Wut aus dem Körper heraus.
In der therapeutischen Praxis spricht man von Externalisierung: Wir geben der Wut einen Ort außerhalb unseres Körpers. So entsteht Abstand und dadurch mehr Kontrolle und Sicherheit.
Die folgende Übung unterstützt dich dabei.
🧘 Wut aus dem Körper holen – Schritt für Schritt
🔹 1. Finde einen sicheren Rahmen
- Setz dich ruhig hin.
- Stelle dir vor, du bist sicher und geschützt.
- Du bist nicht deine Wut – du denkst an sie.
- Atme einige Male langsam aus.
🔹 2. Spüre die Wut – konkret und körperlich
Gib ihr eine Farbe, eine Form, vielleicht eine Bewegung. Verlangsame diese Bewegung.
- Sag dir innerlich: „Ich sehe dich. Ich will die kennen lernen.“
🔹 3. Hol die Wut aus dem Körper
- Stell dir vor: Du bringst sie nach außen.
- Vielleicht legst du sie vor dich hin.
- Du kannst ein Papier, eine leere Stuhllehne oder ein Kissen als Platzhalter nutzen: „Du bist jetzt dort.“
🔹 4. Sprich zu deiner Wut
- Sag laut oder innerlich:
👉 „Du darfst da sein – aber ich bestimme, was passiert.“
👉 „Ich sehe, wie stark du bist.“
🔹 5. Lass die Wut sich zeigen, aber draußen
- Beobachte, ob sie sich bewegt, außerhalb von dir.
- Du darfst zuschauen, ohne dich zu verlieren.
- Manchmal hilft es, sie zu zeichnen, oder in ein Kissen zu sprechen.
- Ist die Wut sehr stark, dann stecke Sie in einen geschlossenen Glaskasten.
🔹 6. Finde deinen Körper wieder
- Spüre nun: Wie fühlt sich dein Körper an, jetzt wo die Wut draußen ist?
- Atme bewusst ein und aus. Ist jetzt mehr Raum da?
- Sag dir: „Ich bin mehr als diese Wut. Ich habe sie – aber sie hat mich nicht.“
Warum hilft das?
- So entkoppelst du intensive Emotionen von deinem Körper.
- Du behältst die innere Führung, auch wenn es stark wird.
- Du kannst die Wut von außen betrachten, ohne sie zu unterdrücken oder auszuagieren.
- Dein Nervensystem kann sich neu regulieren, weil du Raum schaffst zwischen Reiz und Reaktion.
Tipp für die Praxis
- Leg dir ein „Wut-Kissen“ zu, das du vor dich hälst oder vor dich legst. Es hilft dem Körper, Spannung sicher abzugeben.
- Zeichne deine Wut. Gib ihr einen Namen, ein Gesicht oder eine Gestalt. Kleb es an die Wand: „Ich sehe dich – aber ich bestimme.“
Abschluss-Satz
Wut muss raus – aber nicht gegen dich oder andere.
Wenn du ihr einen sicheren Ort außerhalb deines Körpers gibst, wirst du wieder ruhiger und handlungsfähiger
So wird aus unkoordnierter Energie wieder Klarheit.