Qigong bei Rückenschmerzen: Koordination, tiefe Muskulatur und Nervensystem stärken

Erfahren Sie, warum Qigong Rückenschmerzen lindert: Tiefe Rumpfmuskulatur, Koordination und das Nervensystem werden gezielt gestärkt: praxisnah und fundiert.

Dieser Artikel erklärt, warum Qigong bei nicht-spezifischen Rückenschmerzen sinnvoll sein kann. Im Fokus stehen koordinierte Bewegung, die Aktivierung der Tiefen Rumpfmuskulatur und die Regulation des Nervensystems beim Üben. Der Beitrag bezieht sich auf die aktuelle Kreuzschmerz-Leitlinien, wissenschaftliche Befunde und langjährige klinische, praxisnahe Erfahrung.

Die beschriebenen Ansätze lassen sich individuell an körperliche und seelische Belastbarkeit anpassen.

Qigong und Rückenschmerzen

Warum koordinierte Aktivierung wichtiger ist als die „richtige“ Übung

Rückenschmerzen gehören zu den häufigsten Beschwerden unserer Zeit.
Fast jeder Mensch erlebt sie mindestens einmal im Leben.

Viele suchen nach einer klaren Ursache.
Oder nach der einen Übung, die alles löst.

Die medizinische Realität ist nüchterner.
Und genau darin liegt eine Chance.


Die wichtigste Zahl zuerst

Etwa 80–90 % aller Rückenschmerzen sind nicht-spezifisch.

Das bedeutet:
Es gibt keinen eindeutig nachweisbaren Schaden, keinen schweren Bandscheibenvorfall, keine Fraktur, keine Entzündung.

Im MRT zeigt sich oft nichts Entscheidendes.
Und trotzdem sind die Schmerzen real.


Was sagt die deutsche Rückenleitlinie?

Die Nationale VersorgungsLeitlinie „Nicht-spezifischer Kreuzschmerz“ ist in Deutschland richtungsweisend für Ärzt:innen und Therapeut:innen.

Sie sagt klar:

  • Bewegung ist wichtig
  • Aktiv bleiben ist besser als Schonung
  • Bettruhe wird nicht empfohlen

Und sie sagt ebenso klar:

Keine Bewegungsform ist einer anderen eindeutig überlegen.

Weder Krafttraining noch Yoga, Pilates oder Qigong gelten als „die beste Methode“.


Was bedeutet das für Betroffene?

Wenn keine Bewegungsform überlegen ist, entscheidet nicht das Trainings-System.
Entscheidend ist:

  • wie Bewegung ausgeführt wird
  • wie sie angeleitet wird
  • ob sie regelmäßig machbar ist

Die Qualität der Bewegung ist entscheidend.


Rückenschmerz ist oft kein Kraftproblem

Warum Koordination wichtiger ist als Muskelstärke

Viele Menschen trainieren ihren Rücken.
Sie kräftigen Muskeln.
Sie machen Übungen.

Und trotzdem bleiben die Schmerzen.

Warum?

Weil Rückenschmerzen häufig kein Kraftproblem sind.
Sondern ein Koordinationsproblem zwischen Rumpf, Haltung, Atmung und Bewegung.


Die Rolle der tiefen Rumpfmuskulatur

Eine zentrale Rolle im Training spielt die tiefe Rumpfmuskulatur, insbesondere der Musculus transversus abdominis.

  • Liegt tief im Bauchraum
  • Wirkt wie ein stabilisierender Gürtel
  • Unterstützt die Lendenwirbelsäule

Studien zeigen, dass bei chronischem Rückenschmerz die Aktivierung häufig verzögert oder asymmetrisch ist.


Klinische Beobachtungen aus der Praxis

Ein orthopädischer Kollege untersuchte Menschen mit chronischem Rückenschmerz bildgebend.
Er fand:

  • der Musculus transversus abdominis war einseitig schwächer
  • asymmetrische Aktivierung war häufig

Das beweist keine Ursache, zeigt aber ein Muster.
Chronischer Rückenschmerz geht oft mit funktionellem Ungleichgewicht einher, weniger mit strukturellen Defekten.


Warum isolierte Kräftigung oft nicht reicht

Ein Muskel kann stark sein, aber trotzdem falsch arbeiten.

Er kann:

  • zu spät aktiv werden
  • einseitig dominieren
  • andere Muskeln überlasten

Mehr Kraft allein löst das Problem nicht.
Entscheidend ist koordinierte Aktivierung.


Was bedeutet koordinierte Aktivierung?

Koordinierte Aktivierung heißt:
Muskeln arbeiten gleichzeitig und abgestimmt.

Das üben meine Schüler im Qigong.

Nicht maximal, sondern sinnvoll.
Nicht isoliert, sondern im Zusammenhang.
So, wie es der Alltag verlangt.


Die Rolle des Nervensystems

Rückenschmerzen betreffen nicht nur Muskeln und Gelenke.
Auch das autonome Nervensystem spielt eine zentrale Rolle.

Chronischer Stress aktiviert dauerhaft den Sympathikus: unseren Anspannungsmodus.
Qigong wirkt positiv über Atem, Aufmerksamkeit und langsame Bewegung; also regulierend auf das Nervensystem.
Insbesondere der Vagusnerv, der „Entspannungsnerv“, wird stimuliert.

Ein ruhigeres Nervensystem kann Muskeltonus senken, Bewegung erleichtern und die Schmerzverarbeitung positiv beeinflussen.

Wenn Sie Qigong zur allgemeinen Entspannung und sanften Kräftigung üben wollen (auch ohne Schmerzen) lesen Sie unseren Fachartikel zum Thema „Entspannung mit Qigong für alle die leistungsfähig bleiben wollen“ hier.

(Fachlich: Qigong moduliert die Balance zwischen Sympathikus und Parasympathikus, fördert vagale Aktivität und unterstützt funktionelle Spannungsmuster in der tiefen Rumpfmuskulatur.)


Genau hier setzt Qigong an

Qigong ist keine reine Entspannung.
Und kein klassisches Krafttraining.

Qigong arbeitet mit:

  • langsamen Bewegungen
  • klarer Haltung
  • bewusster Atmung
  • gleichmäßiger Ausführung

Ziel ist Stabilität durch Koordination.
Der Musculus transversus abdominis wird funktionell aktiviert, nicht isoliert.
So, wie er im Alltag gebraucht wird.


Vorteile von Qigong bei Rückenschmerzen

1. Musculus transversus abdominis

  • Tiefe Bauchmuskulatur, stabilisiert die Lendenwirbelsäule
  • Aktivierung durch Qigong-Bewegungen
  • Vorteil: Reduziert Fehlbelastung, verbessert Rumpfstabilität

2. Vagusnerv / Parasympathikus

  • Entspannungsnerv, reguliert Herzfrequenz und Muskeltonus
  • Aktivierung durch Atemführung, Achtsamkeit und langsame Bewegung
  • Vorteil: Senkt Stress, lockert Muskeln, unterstützt Schmerzverarbeitung

3. Koordination & Körperwahrnehmung

  • Abstimmung zwischen Muskeln, Haltung und Bewegung
  • Aktivierung durch fließende Bewegungsabläufe
  • Vorteil: Verbesserte Bewegungsmuster, weniger Fehlbelastung

4. Atmung & Achtsamkeit

  • Einfluss auf autonomes Nervensystem
  • Aktivierung durch bewusste Atemführung
  • Vorteil: Entspannung, gesteigerte Körperkontrolle, mentale Stabilität

Erfahrung aus jahrzehntelanger Praxis

Meine Klienten/Patienten berichten:

  • deutliche Schmerzlinderung
  • bessere Körperwahrnehmung
  • mehr Bewegungsfreude

Die Praxis integriert:

  • Atem
  • Körpermitte
  • Aufmerksamkeit

Diese Beobachtungen passen gut zu wissenschaftlichen Befunden und Leitlinien.


Kritische Einordnung

Qigong ist:

  • kein Wundermittel
  • kein Ersatz für medizinische Abklärung
  • keine Garantie für Schmerzfreiheit

Es gibt keinen Beweis, dass Qigong anderen Methoden überlegen ist.
Das sagt auch die Leitlinie.

Aber: Qigong ist eine geeignete, sichere Bewegungsform, besonders bei nicht-spezifischem Rückenschmerz.


Fazit

Wenn 80–90 % der Rückenschmerzen nicht-spezifisch sind,
dann ist nicht die perfekte Übung entscheidend.

Wichtig ist:

  • Bewegung überhaupt
  • regelmäßige Bewegung
  • gut angeleitete Bewegung
  • koordinierte Aktivierung
  • funktionelle Einbindung des Nervensystems

Qigong bietet einen ruhigen, anpassbaren und nachhaltigen Übungs-Rahmen.
Vor allem, wenn es qualifiziert von erfahrenen Qigong-Lehrern unterrichtet wird.


Literatur & Leitlinien

  • Nationale VersorgungsLeitlinie Nicht-spezifischer Kreuzschmerz, AWMF-Register Nr. 007-033
  • WHO (2023): Low Back Pain – Fact Sheet
  • Hodges PW, Richardson CA: Delayed postural contraction of transversus abdominis in low back pain. Spine
  • Systematische Reviews zu Tai Chi / Qigong bei chronischem Rückenschmerz – moderate Evidenz für Schmerzreduktion und Funktionsverbesserung
  • Studien zu Vagusnerv / autonomer Regulation durch Qigong: zeigen Effekte auf parasympathische Aktivität und Stressreduktion
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