Schutzengel & Schatten: Mit IFS Blockaden lösen

IFS-Therapie: Arbeit mit den Beschützern

Die Integrative Psychotherapie, basierend auf dem Internal Family Systems-Modell (IFS), ist besonders geeignet für die Behandlung von Ängsten, Depressionen und Traumata. Ein zentraler Gedanke dieser Methode ist, dass alle Persönlichkeitsanteile des Individuums auf positive Absichten ausgerichtet sind. Die Arbeit mit den sogenannten „Beschützern“ bildet dabei einen wichtigen Bestandteil der ersten Therapiephase und wird im 1. Textteil erklärt. Im 2. Text erkläre ich dann, wie wir in der therapeutischen Arbeit zu den verborgenen, verletzten Persönlichkeitsanteilen gelangen (vertikaler Prozess).

Was sind Beschützer im IFS-Kontext?

Im IFS wird die Psyche als ein System von verschiedenen „Teilen“ oder „Subpersönlichkeiten“ verstanden, die ihre eigenen Bedürfnisse und Funktionen haben. Einige dieser Teile, die „Beschützer“, entstehen in der Kindheit, um den Klienten vor schmerzhaften oder überwältigenden Erfahrungen zu schützen. In der Arbeit mit Ängsten spielen sie eine entscheidende Rolle, da sie oft die Funktion übernehmen, stressbesetzte Erlebnisse zu verdrängen oder abzuwehren, um das tägliche Funktionieren zu sichern.

Es gibt zwei Hauptarten von Beschützern:

  1. Proaktive Beschützer: Diese verhindern aktiv, also im Vorfeld das Auftreten unangenehmer Gefühle. Sie zeigen sich oft in Form von Alltagsroutinen, Kontrolle, Perfektionismus, Arbeits-Eifer oder Leistungsdruck, um emotionalen Schmerz zu vermeiden.
  2. Reaktive Beschützer: Sie treten ein, wenn unangenehme Erinnerungen oder Emotionen bereits an die Oberfläche gelangen. Sie versuchen, den emotionalen Schmerz durch extreme Verhaltensweisen wie schnellen Rückzug, Wut oder Sucht zu regulieren.

Arbeit mit den Beschützern in der IFS-Therapie

In der IFS-Therapie beginnt die Arbeit mit den Beschützern mit dem Aufbau von Vertrauen. Der Therapeut hilft dem Klienten, Zugang zu seiner Innenwelt zu finden, um sich selbst besser zu verstehen. Der Fokus liegt darauf, die Beschützer zu respektieren und wertzuschätzen, da sie mit positiven Absichten zum Schutz des Klienten entstanden sind.

  1. Erkennen und Wertschätzung: Zunächst ist es wichtig, die Existenz der Beschützer anzuerkennen und zu würdigen. Sie haben in der Vergangenheit versucht, den Klienten vor weiterem Schmerz zu schützen.
  2. Kommunikation: Der Therapeut hilft dem Klienten, mit den Beschützern zu kommunizieren, um deren Motive zu verstehen. Dieser Dialog kann durch beruhigende Körperübungen und Gespräche unterstützt werden.
  3. Verbindung zum Selbst: Der Klient wird ermutigt, mit seinem „Selbst“ – einem inneren Zustand von Ruhe, Weisheit und Mitgefühl – in Kontakt zu treten. Das „Selbst“ hat die Fähigkeit, mit unserer Innenwelt in Beziehung zu treten und sie zu transformieren.
  4. Veränderung der Schutzstrategien: Der Dialog zwischen dem „Selbst“ und den Beschützern kann bereits dazu führen, dass diese ihre Schutzstrategien anpassen oder aufgeben, wenn sie erkennen, dass sie in der Gegenwart nicht mehr notwendig sind.
  5. Zutritt zu den Schattenanteilen: Beschützer müssen Zugang zu „Schattenanteilen“ gewähren, damit diese bearbeitet werden können. Im sicheren therapeutischen Raum können sie dann mit Hilfe des Therapeuten geheilt werden.
  6. Hilfe von außen: Es kann hilfreich sein, symbolische Figuren wie liebevolle Familienmitglieder oder Tiere zu „rufen“, die den Klienten im Heilungsprozess unterstützen. Das können schützende Verwandte sein, wie z. B. eine liebevolle Oma, die es einmal gab.
  7. Verlassen des belastenden Ortes: Der Klient wird ermutigt, die angstauslösende Situation zu verlassen, da es für die Heilung nicht erforderlich ist, das Trauma erneut zu erleben.
  8. Praktische Unterstützung: Zusätzlich zur inneren Arbeit wird der Therapeut dem Klienten helfen, konkrete Lösungen für alltägliche Herausforderungen zu finden, wie etwa berufliche oder familiäre Probleme.

Fazit

Die Arbeit mit den Beschützern im IFS ist ein tiefgreifender und langsamer Prozess. Ziel ist es, die Schutzmechanismen zu verstehen, zu würdigen und zu transformieren, sodass der Klient sich entspannen und inneren Frieden finden kann. Der Therapeut unterstützt den Klienten dabei, diesen Prozess in Sicherheit und mit Liebe und Achtsamkeit zu durchlaufen.


Vertikale Arbeit im IFS-Psychotherapie-Prozess

Im Gegensatz zur horizontalen Arbeit, die sich mit den gegenwärtigen interpersonellen und zwischenmenschlichen Beziehungen befasst, zielt die vertikale Arbeit darauf ab, die tieferen, oft in der Kindheit eingefrorenen Anteile der Psyche zu erreichen, die eben genannten Schattenteile. Sie bezieht sich auf die Verarbeitung von frühen traumatischen Erfahrungen und die Integration der befreiten Energie in die heutige Realität.

Die vertikale Arbeit im IFS-Modell

  1. Zugang zu positiven Kräften: Die vertikale Arbeit beginnt mit der Aktivierung von positiven, angenehmen Gefühlen, das können gute Erinnerungen sein oder ein schönes Naturerlebniss oder das Auffinden eines angenehmen Körpergefühls.
  2. Heilung durch das „Selbst“: In der vertikalen Arbeit tritt das „Selbst“, der ruhige und weise Kern des Klienten, in den Dialog mit allen Persönlichkeitsanteilen. Es ist in der Lage, mit Mitgefühl die die verletzten Teile zu unterstützen und Heilung zu fördern.
  3. Transformation von Schutzmechanismen: Kindheitsanteile entwickeln Schutzmechanismen, die es zu transformieren gilt, um die erwachsene Person nicht weiter zu behindern.
  4. Konfrontation mit traumatischen Erinnerungen: Ist der therapeutische Raum für den Klienten sicher? Dann wird ein behutsames Einbringen der traumatischen Erlebnisse eine sichere Verarbeitung ermöglichen, ohne dass der Klient erneut in die ursprüngliche Belastung eintauchen muss.
  5. Arbeit mit emotionalen Blockaden: Emotionale Blockaden, die aus vergangenen Erfahrungen stammen, werden identifiziert und in einen gesunden, erwachsenen Kontext integriert. Dies kann zu einer Befreiung von alten, unbewussten Mustern führen.
  6. Integration und Ermächtigung: Ziel der vertikalen Arbeit ist es, die kindlichen Anteile zu integrieren und den Klienten zu ermächtigen, als reife, erwachsene Person zu handeln.

Fazit

Die vertikale Arbeit im IFS ermöglicht es, tief verwurzelte traumatische Erfahrungen zu integrieren und die inneren, kindlichen Teile der Psyche in die Gegenwart zu bringen. Durch die heilende Kraft des „Selbst“ und eine mitfühlende Haltung des Therapeuten können die Klienten alte emotionale Blockaden überwinden und eine gesunde Beziehung zu ihren inneren Anteilen aufbauen.

2 Buchtipps:

Meine innere Welt verstehen, Selbsttherapie mit Persönlichkeitsanteilen, Jay Early

Dies Buch ist gut strukturiert, vielleicht etwas trocken, erklärt alle Schritte in der Arbeit mit der Methode Inner Family System gut.

Ein Weg des Herzenz, Spiritualität und Teile-Arbeit (IFS), Tom Holmes

Dies neuere Buch meines amerikanischen Lehrers Tom Holmes erklärt, wie die Integration einer spirituellen Ressource den IFS-Prozess erleichtert, insbesondere, wenn es um die Heil-Arbeit mit verletzten Anteilen in der Tiefe geht. Mit Fallbeispielen.

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